Die Sieger


Einem jungen aber etwas traurigen Wanderer begegnete einst auf der Anhöhe eines Waldes ein alter Mann. Schon etwas gebrechlich aber freundlich sah dieser aus, und er hatte einen hoffnungsvollen Ausdruck in den Augen. Irgendwie vermittelte er dem Wanderer das Gefühl, dass dessen momentane Sorgen hier verstanden würden. Und so erzählte er, dem sehr aufmerksamen Alten, seine Geschichte.

Nach einer Pause kamen langsam Antworten auf viele Fragen die in der Geschichte des Wanderers enthalten waren:

"Ich habe in meinem Leben Menschen gesehen, die einander mit Würde und Respekt begegneten. Menschen, die sich in die Augen sahen und einen Funken dieses Lichts im anderen erkennen konnten. Ein Licht das uns sagt, dass wir miteinander verbunden sind, ein Augenblick in dem die Seele aufleuchtet und erinnert woher wir kommen. Als ich noch jung war, habe ich viele dieser Dinge übersehen. Aber nun fühle ich in meinem Herzen, dass Edelsteine entstehen können, wenn Menschen in schwierigen Situationen das Licht und die Würde des anderen hochhalten und somit ein Anker für die Liebe des Allerhöchsten auf Erden sind.

"Ich glaube" so der alte Mann, "dass Edelsteine die so geschaffen werden, eine Strahlkraft haben und vielleicht jenen, welchen sie gehören, die Macht verleihen, aus Waffen Pflugscharen zu schmieden.

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Ich habe eine Frau und einen Mann gekannt, die durch schwierige Zeiten gegangen sind. Manchmal gab es auch Anklagen, doch sie haben es immer wieder geschafft --- ja, manchmal musste etwas Zeit vergehen, aber sie begegneten sich immer wieder mit Würde und Wertschätzung für das Licht im Andern. Über die Jahre konnten sie viele Edelsteine schaffen. Ja es war als zierten diese Steine ihr Erscheinungsbild." So erinnerte sich der alte Mann.

"Und es schien als hätten sie dadurch Macht und Schöpferkraft, sodass manche Schwierigkeiten schon allein durch die Strahlkraft der Steine gelöst werden konnten. Denn das Licht des Allerhöchsten fällt wohl auf solche Steine.

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Ich kannte einen Mann und eine Frau, die sich getrennt hatten, weil die Schwierigkeiten unüberwindbar schienen. Die Kinder waren traurig und wussten nicht recht wohin. ---

Doch manchmal in der Stille erinnerten sich die Eltern noch an die Liebe und Wertschätzung die sie einst füreinander empfinden konnten. In dieser Liebe wurden auch Edelsteine geschaffen. Und weil die Größe ihrer Herzen nicht zuließ, dass bei der Trennung alle Steine weggeworfen wurden, blieben noch einige.

Immer wenn einer der Eltern das Leuchten der noch verbliebenen Steine empfand, strahlte dieses Licht auf die Kinder, die sich dann trotz einer nicht so glücklichen Beziehung besser fühlten.

Ein kosmisches Gesetz scheint diesen Edelsteinen Strahlkraft für die Nachkommen zu geben.

--- Denn die Liebe bleibt ---

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Ich kannte eine große Familie, in der eines der Kinder wirklich Mist gebaut hatte und tief gesunken war.
Die Eltern waren beunruhigt, und doch empfanden sie auch Freude, als sie beobachteten, wie die Brüder und Schwestern den Einen wieder hochzuheben versuchten. Sie sorgten sich liebevoll in ihrer Gemeinschaft.
So blieben sie eine Familie und die Eltern erkannten in ihrer Sorge, die Bedeutung der Worte, die schon vor 2000 Jahren gesprochen wurden, und nun ein Echo in ihren Herzen fanden:

"Was ihr den geringsten meiner Brüder getan, das habt ihr mir getan."

Denn die Eltern empfinden, dass keines ihrer Kinder größer oder wichtiger ist als das andere. Das ist das Wesen allumfassender Liebe. Und wie im Kleinen, so im Großen."*

*Allumfassende Liebe zwischen Gott dem Allerhöchsten, und allen Menschen auf Erden.

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Nachdenklich wurde der Wanderer - sehr nachdenklich.


Nach einer Weile fragte er den alten Mann, ob denn seine Frau zu Hause auf ihn wartet.

Kurz war eine leichte Traurigkeit in den Augen des Alten zu sehen, als er erzählte, dass seine Frau schon gegangen war. -In eine andere Welt, wie er sagte.

"Ich habe aber noch die Steine". "Und manchmal funkeln und leuchten sie so hell, dass ich in ihnen das Licht und die Wärme meiner Frau aus der anderen Welt fühlen kann. So weiß ich, dass die Liebe geblieben ist, und wir nicht wirklich und schon gar nicht für immer getrennt sind."

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Tausend mal bedankte sich der junge Wanderer und zog erhobenen Hauptes weiter. Denn er wusste nun, dass er den Dingen, die ihm begegnen nicht hilflos ausgeliefert ist.

Er fühlte in sich die Macht Edelsteine zu schaffen.